Jahr 465
Seid gegruesst, edle Damen und Herren!
Inzwischen scheint sich die Lage im Krieg zwischen Merlin und dem
Norderbund langsam zu beruhigen. Die Mitglieder des Norderbundes forderten
Lord Merlin auf, zu kapitulieren und seine und die Truppen des
Guotherreiches von Kasperia zurückzuziehen. Noch immer scheint das
Guotherreich unter der Verwaltung Merlins zu stehen und von Bruno, dem
eigentlichen Regenten, war schon seit einigen Jahren nichts mehr zu
vernehmen.
Obwohl Lord Merlin eine kapitulation vehement ablehnte, sind nun endlich
Friedensverhandlungen aufgenommen worden. Im Kern geht es wohl darum, daß
zwischen den Reichen des Norderbundes und dem Merlins ein Streifen Land an
einen oder mehrere unabhängige Reiche übergeben werden soll, um zukünftige
gegenseitige Übergriffe zu verhindern. Allerdings scheint man sich noch
immer über Einzelheiten, wie die genaue Lage des Streifens und die Auswahl
der neutralen Regenten, zu streiten. Leider legt Lord Merlin bei den
Verhandlungen eine recht seltsame Taktik an den Tag, wie entsprechende
Schreiben in den Hallen der Aushänge zeigen. So warf ihm der Norderbund
vor, er würde bewußt die Gespräche in die Länge ziehen, möglicherweise
sogar zu dem Zwecke, seine Truppen für eine Weiterführung des Krieges
vorzubereiten. Merlin seinerseits begründete die Verzögerungen mit seinem
fortgeschrittenen Alter und den Gebrechen, die dieses mit sich bringt.
Dadurch würde er viel Zeit bei verschiedenen Ärzten verbringen und so wäre
er daran gehindert, die entsprechenden Schreiben aufzusetzen. Das hindert
ihn jedoch nicht daran, sich an anderer Stelle mit vielerlei Schreiben und
Anmerkungen an Diskussionen zu beteiligen, was den Verdacht nur bestärkt,
daß er sein Alter und seine angeschlagene Gesundheit nicht wirklich Schuld
an den Verzögerungen tragen.
Der andere derzeit tobende große Krieg zwischen Lord Wolfen und seinen
Gegnern hat sein jähes Ende in der Vernichtung des Reiches von Lord Wolfen
gefunden. Die Bevölkerung rebellierte schließlich gegen ihren Regenten und
die Ländereien sind nunmehr wieder freies Land. Auf dieses freie Land erhob
unverhofft Lord Lipsius als vormaliger Lehnsherr des Wolfen Anspruch. Er
begründete dies damit, daß die Einwohner dieses Reiches rebelliert hätten
und er nicht auf militärischem Wege besiegt worden sei. Damit würden seine
Ländereien wieder an ihn als seinen Lehnsherren fallen. Die Gegner Wolfens
wiesen diesen Anspruch jedoch unmgehend zurück und erklärten, daß die
Rebellion ja eine direkte Folge des schwindenden Kriegsglückes von Lord
Wolfen war und dessen unweigerliche Niederlage nur vorweggenommen habe.
Inzwischen steht zu befürchten, daß es in der Folge weiter Krieg in der
alten Welt geben wird, da sich insbesonderew die Lords Manbehind und eben
Lipsius sehr feindselig gegenüber stehen.
Aus dem Reich Ronanien erreichte uns ungewöhnliche Kunde. Dort regierte
seit vielen Jahren Lord Cormac. Wie jüngst bekannt wurde, wurde dieser im
eigenen Reich des Verrats angeklagt. Ein gewisser Leifir verkündete, daß
Cormac abgesetzt und in Gewahrsam genommen wurde. Er werde verhört, da er
sich angeblich verräterischer Umtriebe und der Abkehr vom ronanischen
Glauben schuldig gemacht habe. Cormac selbst hatte sich dazu in einem
Schreiben und in seinen Tagebüchern bekannt. Kurze Zeit später wurde
bekannt, daß Cormac als Verräter öffentlich hingerichtet wurde, und Leifir
wurde zum neuen Souverän des ronanischen Reiches ausgerufen. Er
entschuldigte sich für alle Verfehlungen Ronaniens gegenüber anderen
Reichen unter seinem Vorgänger. Dazu gehörte unter anderem auch die
Versenkung eines Schiffes aus dem Reiche Potemkin, daß derzeit von lord
Oligo regiert wird. Diese Versenkung war von Cormac stets bestritten worden
und angeblich hatte die Mannschaft dieses Schiffes gemeutert, was von einem
seiner Schiffe beobachtet worden sei. Leifir ließ den Kapitän des
ronanischen Schiffes aufs Genaueste befragen und dieser gab schließlich zu,
daß die Geschichte nur erfunden sei und zwar auf Anweisung des Cormac.
Nachdem von den Barbaren, welche angeblich weit im Süden auf ihre Chance
zum Angriff auf die bekannte Welt lauern, lange Zeit nichts zu hören war,
wurde mir berichtet, daß sie doch erhebliche Probleme mit sich selbst
hätten. Manchmal erreichen Nachrichten auf gar verschlungenen Wege meine
bescheidene Behausung und so wurde mir eben auch zugetragen, diese Barbaren
seien am Ende gar nicht so gefährlich, wie mancher glaubt. Zum einen wären
nur noch einige wenige von ihnen tatsächlich in der Lage, überhaupt in
einen Krieg zu ziehen und zum anderen hätten sie vorerst genug Sorgen mit
Horden von Orks, die ihre Ländereien marodierend durchstreifen würden.
Zudem wurde bekannt, daß zwei der Barbarenreiche vor einiger Zeit
gegeneinander Krieg führten, um einige Streitigkeiten zünftig beizulegen.
Wie mir berichtet wurde, scheint diese Art der Konfliktbewältigung bei
ihnen aber durchaus üblich zu sein. Zu guter Letzt vernahm ich sogar das
Gerücht, daß die Barbaren von den Göttern mehr Zeit hinter der Barriere
erfleht hätten, die ihre Reiche von der bekannten Welt trennt. Mein
Informant bestritt dieses jedoch strikt, was ja auch nicht weiter
verwunderlich ist, würde es doch ein wirklich schlechtes Licht auf die
angeblich so starken Barbaren und ihren wilden Ruf werfen.
In letzter Zeit meldete sich wiederholt ein Lord Gearloose zu Wort. In der
Vergangenheit hatte er schon einmal von sich reden gemacht, als er einen
Zwist mit Lord Urza hatte, dem er vorwarf, durch sein Verhalten große
Armeen von Elfen hervorgerufen zu haben. In den letzten Jahren allerdings
machte er sich reichlich unbeliebt, als er seine Meinung zu einigen
Mitgliedern des Norderbundes und deren Politik kundtat. Das ist ja an sich
nichts Schlechtes und steht jedem Lord zu, allerdings macht auch in diesem
Falle der Ton die Musik. Leider fehlt es dem Herren Gearloose ganz gewaltig
am guten Ton. Ständig beschimpfte er in letzter Zeit Angehörige des
Norderbundes und insbesondere gegenüber Lady Corinne vergriff er sich
gewaltig im Ton. Als ihm von Seiten des Norderbundes daraufhin Konsequenzen
angedroht wurden, sollte er denn weiter mit Beleidigungen um sich werfen
und sich nicht bei der Lady entschuldigen, bezeichnete Gearloose dieses als
Einschüchterungstaktik, von der er sich aber nicht mundtot machen ließe.
Angesichts seiner immer wiederkehrenden Provokationen gegenüber dem
Norderbund braucht er sich aber wirklich nicht zu wundern, wenn diese dann
auch entsprechend gereizt reagieren. Freie Meinungsäußerung steht jedem zu,
aber mit wüsten Beschimpfungen und Schreiben, die nur darauf aus sind, sein
Gegenüber zu reizen, wird man sich wohl kaum einen guten Namen machen in
unserer Welt.
Tamar, im Jahre 465
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