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Die Chronik von Tales of Tamar

Jahr 455

Seid gegruesst, edle Damen und Herren!

Nachdem es nun für einige Zeit relativ friedlich in unserer Welt war, toben erneut die Sturmbrände des Krieges durch die Weiten Tamars. Wobei natürlich auch die vermeintlich friedlichen Zeiten immer wieder den ein oder anderen kleinen Konflikt beinhalten. Nicht jeder Regent scheint in der Lage zu sein, sich mit seinen Nachbarn auf gebildete Weise zu unterhalten und zuweilen wird lieber erstmal zur Streitaxt gegriffen und hinterher geredet.

Diese kleinen Streitereien sind aber im Verhältnis zu den großen Kriegen, die unsere Welt schon gesehen hat, ziemlich harmlos und unbedeutend. Die meisten der größeren Reichen schauen nur mit einem müden Lächeln zu, wenn sich mal wieder zwei Lords wegen einiger weniger Morgen Land erst mit schroffen Worten und später mit blankem Stahl befehden.

Nun aber scheint es mal wieder Ernst zu werden bei der alten Fehde zwischen Drachenblutbund und Guridh-Orden bzw. Kaiserreich. Lord Merlin beschwerte sich kürzlich, daß er von Lord Faustus angegriffen worden sei. Im darauf folgenden Disput in den Hallen der Aushänge wurdem von Lord Haffax, der ebenso wie Lord Faustus dem Norderbund angehört, allerdings detaillierte Karten veröffentlicht, aus denen hervorging, daß Lord Merlins Truppen erst angegriffen wurden, nachdem sie Land besetzten, daß zuvor Lord Faustus in Besitz genommen hatte.

Um die Sache erst richtig zu komplizieren stellte sich dann heraus, daß dieses von Lord Faustus in Besitz genommene Land zu den Ländereien des Lord Judas gehörte, welche zu diesem Zeitpunkt brachlagen. Besagter Lord Judas war zu seinen Lebzeiten aber ein Mitglied des Guridh-Ordens und dieser hat eine ganz klare Regel zu den Ländereien seiner Mitglieder veröffentlicht, welche besagt: "Ordensland bleibt Ordensland". Diese Regel ist natürlich wie alle anderen Regeln, welche ein einzelnes Reich oder ein Bündnis über seine Ländereien aufstellt, keineswegs für alle Reiche Tamars bindend. Zur Verteilung von brachliegendem Land, nach dem Tod oder Verschwinden eines Regenten gibt es einfach kein allgeimgeltendes gesetz, außer vielleicht dem, daß der Schnellere und Stärkere sich nimmt, was er kriegen kann. Interessanterweise hatte aber niemand etwas dagegen einzuwenden, daß Lord Faustus die brachliegenden Ländereien besetzte, was er vor dem Zwischenfall schon eifrig getan hatte. Erst, nachdem sich Lord Merlin zu Wort gemeldet hatte, wurde auf diese Regelung hingewiesen und andere Ordensmitglieder waren der Meinung, daß Lord Merlin im Recht sei. Inmitten dieser hitzigen Diskussion mußte sich dann auch noch ein nimmermüder Streitsucher einmischen, nämlich der ob seiner stets schnell ausgesprochenen, dafür aber wenig überlegten Worte berüchtigte Lord Potter.

Der nächste Paukenschlag folgte dann, als der Norderbund bekanntgab. daß er eine Allianz mit dem Drachenblutbund eingegangen wäre. Nun gab es kein Halten mehr und einmal mehr konnten einige Herren beweisen, daß alte Vorurteile einfach nicht totzubekommen sind. Schon kurz darauf wurde mir in einem Gespräch in der Taverne von Kuno Killerkarpfen erklärt, daß die ganze Sache von Norderbund und Drachenblutbund von Anfang an geplant gewesen sei und nur auf die Entfesselung eines neuen Krieges abziele. War ich bis zu diesem Zeitpunkt noch der Meinung, daß den Guridh-Orden in der ganzen Angelegenheit wohl weitaus weniger Schuld träfe als den neugefundenen Zusammenschluß von Norderbund und DBB, bewiesen mir die Worte von Kuno doch eines: Wenn vielleicht auch nicht alle Ordensmitglieder, so hat doch zumindest ein Teil derselben die alten Streitigkeiten noch lange nicht überwunden und noch immer wittern diese Herren hinter jedem Wort und jeder Tat nur den Versuch, einen neuen Krieg auszulösen und gierig lauern sie auf jede Äußerung, die sie so drehen könnten, daß sie ihrem Bild vom kriegslüsternen Drachenblutbund entspricht.

Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen tauchte dann auch noch eine Person auf, von der man schon lange nichts mehr gehört hat. Dafür meldete sich Bruno Killerkarpfen, denn von keinem anderen ist hier die Rede, umso eindrucksvoller zurück. Er verkündete, daß Armand Guother dahingeschieden sei, er ab sofort neuer Papst sei und außerdem fortan die Geschicke des Guother-Reiches persönlich lenken wolle.

Als ob es nicht schon genug wäre, daß er sich einfach zum neuen Papst erklärte, welches Amt ihm angeblich von Armand Guother kurz vor dessen Tod übertragen worden sei, hatte Bruno doch tatsächlich nichts Besseres zu tun, als einen Krieg vom Boden des Reiches aus zu starten, von dem Armand Guother noch kurz zuvor die Konfliktparteien zu einer friedlichen Einigung aufgerufen hatte. Nachdem er sich sich selbst mehrfach als Friedensstifter bezeichnet hatte, ging er seiner hehren Bestimmung gleich richtig nach und erklärte kurzerhand Lord Faustus den Krieg und fiel in dessen Land ein. Dabei war ihm wohl besonders ein Dorn im Auge, daß Faustus eine seiner Siedlungen an Lord Potter übereignet hatte, welches Bruno als gezielte Provokation gegen den Guridh-Orden betrachtete.

Man mag nun geteilter Meinung darüber sein, ob das ein gewollter Versuch war, den Guridh-Orden zu reizen oder nicht, aber eines steht fest: Wenn es eine Provokation des Drachenblutbundes und Norderbundes war, so hat doch die Gegenseite aus Guridh-Orden und ehemaligem Kaiserreich nur auf eine solche gewartet, um endlich wieder Streit schüren zu können. Bei all den Versicherungen beider Seiten, doch immer nur den Frieden zu wollen, ist einfach nicht zu übersehen, daß es auf beiden Seiten zumindest einige Herren gibt, die alten Zwist nicht begraben können und die nur darauf warten, wieder aufs Neue ihre Gegner mit Schmutz zu überziehen.

Unglücklicherweise sind es genau diese Herren, die auch noch viel Einfluß im jeweiligen Bündnis haben und so werden die zur Vernunft mahnenden Stimmen ein ums andere Mal im Kriegsgeschrei erstickt. Es ist ja auch ein Leichtes, sich selbst als friedenswillig zu bezeichnen, wenn man an einem großen Kartentisch steht und von der sicheren Hausburg aus tausende Soldaten in den Tod schickt.

Interessanterweise hielten sich die Jubelrufe über den überraschenden Auftritt des Bruno Killerkarpfen aus den Reihen der Anhänger des Guridh- Ordens, wie auch derer des Kaiserreiches beziehungsweise des neuen Staatenbundes Tamarien, den Armand Guother ausgerufen hatte, in engen Grenzen. Genauer gesagt hüllten sich besagte Herren erst einmal in Schweigen. Offenbar hatte sie das unerwartete Erscheinen Brunos selbst völlig überrascht.

Von anderen Herren war dagegen reichlich Abneigung gegenüber dem anmaßenden Verhalten des Lord Bruno zu hören. Der letzte Papst Armand Guother war schließlich ordnungsgemäß gewählt worden und hatte sich nicht einfach selbst ernannt wie weiland sein Vorgänger Coniglius und so sollte man es auch für seinen Nachfolger erwarten. Auch scheint es doch sehr unwahrscheinlich, daß er ausgerechnet Bruno Killerkarpfen dieses Amt übertragen sollte, der sich in der Vergangenheit kaum irgendwie für dieses Amt empfehlen konnte, zumal er in den letzten Jahren quasi gar nicht in der Öffentlichkeit in Erscheinung trat. Angesichts des hohen Alters von Armand Guother scheint das irrwitzige Gerücht, Bruno Killerkarpfen habe etwas mit seinem plötzlichen Ableben zu tun, zwar recht weit hergeholt, Tatsache aber bleibt, daß sich da jemand in ein gemachtes Nest gesetzt hat, der keinerlei erkennbaren Anspruch sowohl auf das Papstamt, als auch auf die Guotherschen Ländereien hat. Seltsamerweise ist zum jetzigen Zeitpunkt der allseits bekannte Kuno Killerkarpfen ebenso plötzlich von der Bildfläche verschwunden und niemand weiß etwas über seinen Verbleib.

Tamar, im Jahre 455

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