Seid gegruesst, edle Damen und Herren!
Nachdem es nun für einige Zeit relativ friedlich in unserer Welt war, toben
erneut die Sturmbrände des Krieges durch die Weiten Tamars. Wobei natürlich
auch die vermeintlich friedlichen Zeiten immer wieder den ein oder anderen
kleinen Konflikt beinhalten. Nicht jeder Regent scheint in der Lage zu
sein, sich mit seinen Nachbarn auf gebildete Weise zu unterhalten und
zuweilen wird lieber erstmal zur Streitaxt gegriffen und hinterher geredet.
Diese kleinen Streitereien sind aber im Verhältnis zu den großen Kriegen,
die unsere Welt schon gesehen hat, ziemlich harmlos und unbedeutend. Die
meisten der größeren Reichen schauen nur mit einem müden Lächeln zu, wenn
sich mal wieder zwei Lords wegen einiger weniger Morgen Land erst mit
schroffen Worten und später mit blankem Stahl befehden.
Nun aber scheint es mal wieder Ernst zu werden bei der alten Fehde zwischen
Drachenblutbund und Guridh-Orden bzw. Kaiserreich. Lord Merlin beschwerte
sich kürzlich, daß er von Lord Faustus angegriffen worden sei. Im darauf
folgenden Disput in den Hallen der Aushänge wurdem von Lord Haffax, der
ebenso wie Lord Faustus dem Norderbund angehört, allerdings detaillierte
Karten veröffentlicht, aus denen hervorging, daß Lord Merlins Truppen erst
angegriffen wurden, nachdem sie Land besetzten, daß zuvor Lord Faustus in
Besitz genommen hatte.
Um die Sache erst richtig zu komplizieren stellte sich dann heraus, daß
dieses von Lord Faustus in Besitz genommene Land zu den Ländereien des Lord
Judas gehörte, welche zu diesem Zeitpunkt brachlagen. Besagter Lord Judas
war zu seinen Lebzeiten aber ein Mitglied des Guridh-Ordens und dieser hat
eine ganz klare Regel zu den Ländereien seiner Mitglieder veröffentlicht,
welche besagt: "Ordensland bleibt Ordensland". Diese Regel ist natürlich
wie alle anderen Regeln, welche ein einzelnes Reich oder ein Bündnis über
seine Ländereien aufstellt, keineswegs für alle Reiche Tamars bindend. Zur
Verteilung von brachliegendem Land, nach dem Tod oder Verschwinden eines
Regenten gibt es einfach kein allgeimgeltendes gesetz, außer vielleicht
dem, daß der Schnellere und Stärkere sich nimmt, was er kriegen kann.
Interessanterweise hatte aber niemand etwas dagegen einzuwenden, daß Lord
Faustus die brachliegenden Ländereien besetzte, was er vor dem Zwischenfall
schon eifrig getan hatte. Erst, nachdem sich Lord Merlin zu Wort gemeldet
hatte, wurde auf diese Regelung hingewiesen und andere Ordensmitglieder
waren der Meinung, daß Lord Merlin im Recht sei. Inmitten dieser hitzigen
Diskussion mußte sich dann auch noch ein nimmermüder Streitsucher
einmischen, nämlich der ob seiner stets schnell ausgesprochenen, dafür aber
wenig überlegten Worte berüchtigte Lord Potter.
Der nächste Paukenschlag folgte dann, als der Norderbund bekanntgab. daß er
eine Allianz mit dem Drachenblutbund eingegangen wäre. Nun gab es kein
Halten mehr und einmal mehr konnten einige Herren beweisen, daß alte
Vorurteile einfach nicht totzubekommen sind. Schon kurz darauf wurde mir in
einem Gespräch in der Taverne von Kuno Killerkarpfen erklärt, daß die ganze
Sache von Norderbund und Drachenblutbund von Anfang an geplant gewesen sei
und nur auf die Entfesselung eines neuen Krieges abziele. War ich bis zu
diesem Zeitpunkt noch der Meinung, daß den Guridh-Orden in der ganzen
Angelegenheit wohl weitaus weniger Schuld träfe als den neugefundenen
Zusammenschluß von Norderbund und DBB, bewiesen mir die Worte von Kuno doch
eines: Wenn vielleicht auch nicht alle Ordensmitglieder, so hat doch
zumindest ein Teil derselben die alten Streitigkeiten noch lange nicht
überwunden und noch immer wittern diese Herren hinter jedem Wort und jeder
Tat nur den Versuch, einen neuen Krieg auszulösen und gierig lauern sie auf
jede Äußerung, die sie so drehen könnten, daß sie ihrem Bild vom
kriegslüsternen Drachenblutbund entspricht.
Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen tauchte dann auch noch eine Person auf,
von der man schon lange nichts mehr gehört hat. Dafür meldete sich Bruno
Killerkarpfen, denn von keinem anderen ist hier die Rede, umso
eindrucksvoller zurück. Er verkündete, daß Armand Guother dahingeschieden
sei, er ab sofort neuer Papst sei und außerdem fortan die Geschicke des
Guother-Reiches persönlich lenken wolle.
Als ob es nicht schon genug wäre, daß er sich einfach zum neuen Papst
erklärte, welches Amt ihm angeblich von Armand Guother kurz vor dessen Tod
übertragen worden sei, hatte Bruno doch tatsächlich nichts Besseres zu tun,
als einen Krieg vom Boden des Reiches aus zu starten, von dem Armand
Guother noch kurz zuvor die Konfliktparteien zu einer friedlichen Einigung
aufgerufen hatte. Nachdem er sich sich selbst mehrfach als Friedensstifter
bezeichnet hatte, ging er seiner hehren Bestimmung gleich richtig nach und
erklärte kurzerhand Lord Faustus den Krieg und fiel in dessen Land ein.
Dabei war ihm wohl besonders ein Dorn im Auge, daß Faustus eine seiner
Siedlungen an Lord Potter übereignet hatte, welches Bruno als gezielte
Provokation gegen den Guridh-Orden betrachtete.
Man mag nun geteilter Meinung darüber sein, ob das ein gewollter Versuch
war, den Guridh-Orden zu reizen oder nicht, aber eines steht fest: Wenn es
eine Provokation des Drachenblutbundes und Norderbundes war, so hat doch
die Gegenseite aus Guridh-Orden und ehemaligem Kaiserreich nur auf eine
solche gewartet, um endlich wieder Streit schüren zu können. Bei all den
Versicherungen beider Seiten, doch immer nur den Frieden zu wollen, ist
einfach nicht zu übersehen, daß es auf beiden Seiten zumindest einige
Herren gibt, die alten Zwist nicht begraben können und die nur darauf
warten, wieder aufs Neue ihre Gegner mit Schmutz zu überziehen.
Unglücklicherweise sind es genau diese Herren, die auch noch viel Einfluß
im jeweiligen Bündnis haben und so werden die zur Vernunft mahnenden
Stimmen ein ums andere Mal im Kriegsgeschrei erstickt. Es ist ja auch ein
Leichtes, sich selbst als friedenswillig zu bezeichnen, wenn man an einem
großen Kartentisch steht und von der sicheren Hausburg aus tausende
Soldaten in den Tod schickt.
Interessanterweise hielten sich die Jubelrufe über den überraschenden
Auftritt des Bruno Killerkarpfen aus den Reihen der Anhänger des Guridh-
Ordens, wie auch derer des Kaiserreiches beziehungsweise des neuen
Staatenbundes Tamarien, den Armand Guother ausgerufen hatte, in engen
Grenzen. Genauer gesagt hüllten sich besagte Herren erst einmal in
Schweigen. Offenbar hatte sie das unerwartete Erscheinen Brunos selbst
völlig überrascht.
Von anderen Herren war dagegen reichlich Abneigung gegenüber dem anmaßenden
Verhalten des Lord Bruno zu hören. Der letzte Papst Armand Guother war
schließlich ordnungsgemäß gewählt worden und hatte sich nicht einfach
selbst ernannt wie weiland sein Vorgänger Coniglius und so sollte man es
auch für seinen Nachfolger erwarten. Auch scheint es doch sehr
unwahrscheinlich, daß er ausgerechnet Bruno Killerkarpfen dieses Amt
übertragen sollte, der sich in der Vergangenheit kaum irgendwie für dieses
Amt empfehlen konnte, zumal er in den letzten Jahren quasi gar nicht in der
Öffentlichkeit in Erscheinung trat. Angesichts des hohen Alters von Armand
Guother scheint das irrwitzige Gerücht, Bruno Killerkarpfen habe etwas mit
seinem plötzlichen Ableben zu tun, zwar recht weit hergeholt, Tatsache aber
bleibt, daß sich da jemand in ein gemachtes Nest gesetzt hat, der keinerlei
erkennbaren Anspruch sowohl auf das Papstamt, als auch auf die Guotherschen
Ländereien hat. Seltsamerweise ist zum jetzigen Zeitpunkt der allseits
bekannte Kuno Killerkarpfen ebenso plötzlich von der Bildfläche
verschwunden und niemand weiß etwas über seinen Verbleib.
Tamar, im Jahre 455