Seid gegruesst, edle Damen und Herren!
Seit einigen Jahren liegen zwei Herren in Streit miteinander, deren Namen aus unterschiedlichen Gründen aufhorchen lassen. Da ist zum einen Lord Threepwood, welcher sich nach der Vertreibung aus seinem früheren Reich durch Lord Tankred Bilijam nun erneut als Regent versucht, und zum anderen Lord Wolfen. Dieser Name ist sicherlich vielen Personen noch ein Begriff aus früherer Zeit, als Tamar noch nicht viel mehr war als einige wenige Inseln und viel unerforschtes Land. Damals, als die neue Welt mit dem Kontinent Elerion noch nicht entdeckt war, gab es schon einmal einen Lord Wolfen, welcher sich durchaus auch einen Namen als recht streitbarer Geist gemacht hatte.
Der neue Lord Wolfen nun führt in seinen Schreiben die Bezeichnung "Erbe der Gründer", was die Vermutung nahelegt, daß er sich als Nachkomme jenes Lords aus den frühen Jahren betrachtet. Eines ist jedenfalls sicher, er kann mindestens ebenso streiten wie sein möglicher Urahn. Da nimmt er sich allerdings nichts mit Lord Threepwood, der aus seiner früheren Regentschaft nicht allzuviel gelernt zu haben scheint, zumindest, was diplomatisches Feingefühl anbelangt.
Das eigentliche Kuriosum am Streit der beiden war aber, daß sie denselben Lehnsherren hatten. Lord Isidor, von dem hier die Rede ist, versuchte erst gütlich und dann mit strengen Anweisungen, die beiden Parteien zum Einlenken zu beqwegen. Schließlich half aber alles nichts und er entließ beide aus der Lehnspflicht und forderte sie auf, ihren Konflikt unter sich auszumachen. Seitdem toben zwischen den beide Reichen heftige Kämpfe, sowohl auf dem Schlachtfeld, als auch mit wildem Gezeter in den Hallen der Aushänge.
Aus dem Reiche des Freiherrn Taurik zu Rauhwasser wurde folgende betrübliche Nachricht veröffentlicht:
Da sich nun die Gerüchte breit gemacht haben, hat es wohl keinen Sinn, es weiter geheim zu halten.
Taurik II, Herr zu Rauhwasser und angeschlossenen Gebieten, ist von uns gegangen. Diese traurige Ereignis liegt nun schon ein paar Monde zurück, wurde allerdings geheimgehalten in der Hoffnung, der einzige Sohn und Erbe Tauriks möge noch aufzufinden sein. Leider ist jener jedoch schon seit Jahren verschollen und konnte auch jetzt nicht ausfindig gemacht werden.
Tauriks sterbliche Überreste wurden in einer privaten Zeremonie auf seinem liebsten Schiff aufgebahrt und der See übergeben, wo es den Flammen überantwortet wurde.
Das Reich Rauhwasser wird derzeit von den obersten Räten verwaltet, ohne eine starke Hand an der Macht scheint der Niedergang jedoch unausweichlich.
Gezeichnet,
Untertänigst,
Alwon, Kämmerer zu Nortwinden
Doch auch erfreulichere Nachrichten sollen in diesem Chronikeintrag Erwähnung finden. So wurde bekannt, daß den kürzlich vermählten Lady Hoshiko und Lord SatanasOz schon kurze Zeit nach ihrer Hochzeit Zwillingskinder geschenkt wurden, welche ihnen bei aller Mühe mit den Rackern auch viel Freude bereiten.
Von Lord Lipsius wurde ich in einem privaten Schreiben auf einen wirklich löblichen Umstand hingewiesen. Er schrieb mir, daß in dem Bemühen, Lord Clavell in seinem Kampf gegen die untoten Horden beizustehen, sich besonders zwei Reiche hervorgetan hätten, denen es ob ihrer noch kleinen Ausdehnung sicher nicht leicht gefallen ist, solcherart Unterstützung zu leisten. Sowohl Lady Maidheike als auch Lord Gustav ließen es sich jedoch nicht nehmen, aus ihren bescheidenen Beständen zu schicken, was sie nur erübrigen konnten. Einzig und allein der Umstand, daß sie die Dienste von Lord Lipsius als Zwischenhändler in Anspruch nahmen, sorgte dafür, daß ihr selbstloses Handeln überhaupt hier Erwähnung finden kann, denn im Gegensatz zu manchem mit wesentlich volleren Schatzkammern gesegneten Herren haben sie nicht viel geredet, sondern einfach geholfen.
Papst Armand Guother rief kürzlich Lord Institoris zum Erzbischof von Endlome, einem weitläufigen Landstrich des Elerion-Kontinents, aus. Außerdem erteilte er ihm alle Befugnisse zum Kampf gegen schwarzmagische Umtriebe. Allerdings scheinen die Zeiten von religiösem Fanatismus und Dämonenwahn für Armand Guother endgültig vorbei zu sein. Stattdessen nutzte er seine Zeit lieber für die Formulierung einer recht kühnen Vision, denn kürzlich verkündete er die Gründung der Vereinigten Reiche von Tamar. Dieser Staatenbund, auch Tamarien genannt, soll nach seinen Vorstellungen möglichst viele Reiche in einem großen Bündnis einen, in dem sie gleichberechtigt zusammenwirken. Er fügte seinem Schreiben eine erste Erläuterung zu den Grundregeln dieses Staatenbundes bei und kündigte weitere Ausführungen zu gegebener Zeit an.
Vor kurzem wurde ich in der Zentraltaverne noch Zeuge einer interessanten Begegnung. Gerade als ich die Taverne betrat, tobte ein heftiger Streit zwischen der Lady ElenoraDannen und Lady Marinella. Mit Freude registrirte ich die Anwesenheit von Lady Marinella, welche doch damit den immer noch schwelenden Gerüchten um ihren angeblichen Tod und ihr rätselhaftes Verschwinden ein für allemal ein Ende setzte.
Lady Marinella erläuterte mir später auch den Grund für den Streit. Sie hatte nämlich gerade der allseits bekannten ElenoraDannen die Nachricht überbracht, daß sich ihre Tochter, und damit die Nichte von Lady Dannen, mit dem nicht minder bekannten Kuno Killerkarpfen verlobt hatte. Nun ist das aufbrausende Temperament der Elenora Dannen hinlänglich bekannt und infolgedessen mußte ich angesichts eines zu Bruch gehenden Weinkelches um die Einrichtung der Taverne fürchten. Zum Glück entschloß sich die werte Lady, ihr Mütchen außerhalb der Taverne zu kühlen und so hielten sich die weiteren Verluste in Form eines zertrümmerten Fasses in Grenzen. Selbiges war zu meiner großen Erleichterung leer und sollte eigentlich als Pflanzkübel dienen, mußte aber nach inniger Bekanntschaft mit Lady Dannens Fäusten als Brennholz sein Ende finden.
Irgendwie hatte Lady Marinella wohl gehofft, daß ihre Schwester die Sache leichter aufnehmen würde, aber als dann auch noch Kuno höchstpersönlich zum unpassendsten Zeitpunkt die Taverne betrat, war es um die Beherrschung der Kriegerin aus den eisigen Gefilden Narums geschehen. Lady Marinella und ihr Gatte, der werte Lord Lipsius, hoffen nun, daß sich die ganze Sache beruhigt, waren sie doch auch nicht vollends von der Wahl ihrer Tochter überzeugt. Schlußendlich wollten sie ihr aber keine Steine in den Weg legen und stimmten der Verbindung zu. Was nun die Identität der erwähnten Tochter und damit zukünftigen Braut des Kuno Killerkarpfen anbelangt, so wurde ich zwar eingeweiht, aber gleichzeitig gebeten, Stillschweigen zu bewahren, bis sich das Paar selbst entschließt seine Hochzeit anzukündigen.
Tamar, im Jahre 445