Jahr 55
Seid gegruesst, edle Damen und Herren!
Wie doch die Zeit vergeht, da haette ich bei all der Arbeit mit den
Schreibarbeiten in der Residenz fast vergessen, die Chronik zu ergaenzen.
Dabei gibt es doch wieder einige Neuigkeiten zu berichten. Zum einem
scheint die grosse Barriere, von der ich in der letzten Seite der Chronik
berichtete, keine Gefahr mehr darzustellen. Zumindest erreichten uns keine
neuen Berichte ueber Probleme damit.
Der Kundschafter, welcher im Auftrag meines Dienstherren unterwegs ist, um
die Lande von Tamar zu erforschen, schickt immer neue Berichte ueber die
aufregenden Landschaften, die er durchstreift. Er berichtet auch davon,
dass er oefter umkehren muss, da er auf grosse Wasserflaechen stoesst. Er
weiss allerdings nicht, ob es sich um Binnengewaesser oder Ozeane handelt.
Vielleicht leben wir hier sogar auf einer riesigen Insel.
Es muss schon ein tolles Leben als Kundschafter sein: Frei und ohne
Zwaenge und man kann so viel sehen von der Welt. Ich darf ja kaum mal aus
meiner Schreibstube raus.
Neulich durfte ich allerdings mal mit meinem Herrn zur Taverne. Dort trafen
wir einen der anderen Herren von Tamar namens Fox. Dieser berichtete uns
von einem der wichtigsten Ereignisse der vergangenen Zeit: dem grossen
Markttag zu Koeln. Diese Stadt liegt weit entfernt von hier. Besagter Fox
hatte nun den ehrenvollen Auftrag, auf diesem Markt zusammen mit Lord
Wolfen und anderen Herren und Damen auf unser Land und die Moeglichkeit,
hier zu siedeln, aufmerksam zu machen.
Leider stellten sich ihm dort einige Widrigkeiten in den Weg. Es begann
damit, dass Fox den Marktstand, welcher fuer uns werben sollte, in der
Markthalle mit errichten sollte. Nachdem erst der Kutscher mit den
Materialien auf sich warten liess, sollte es endlich losgehen. Dabei ergab
sich das naechste Problem. Der Erbauer der Markthalle war offensichtlich
ein Pfuscher uebelster Sorte. Alle Materialien mussten durch enge und
verwinkelte Gaenge in die eigentliche Halle gebracht werden. Staendig waren
irgendwelche Ecken, Stufen und Tueren im Weg. Also sowas waere mit den
uns vorliegenden Plaenen nicht passiert.
Erst nach acht harten Stunden Arbeit war alles aufgebaut und bereit fuer
die vielen Gaeste aus nah und fern. Puenktlich zu diesem Zeitpunkt erschien
dann auch Lord Wolfen, was uns aber nicht zu irgendwelchen Spekulationen
hinreissen soll.
Doch damit noch nicht genug. Als nach dem ersten der beiden Markttage alle
Damen und Herren um Lord Wolfen muede und hungrig beschlossen, ein Gasthaus
zum Zwecke der Staerkung aufzusuchen, nahm das Unheil seinen Lauf. Nirgends
war eine Einkehr moeglich (so etwas waere hierzulande nie passiert!).
Stundenlang mussten die armen Leute hungrig und durstig umherirren. Als ob
das nicht schon schlimm genug waere, wurden sie zwischenzeitlich auch noch
mit aeusserst fremdartiger Musik maltraetiert und so waren sie schon fast
dem Wahnsinn verfallen, ehe sie endlich Speis und Trank erhielten.
Fuer den guten Fox war die Folter freilich noch nicht vorueber: Er
naechtigte naemlich im Quartier von Lord Wolfen und Lady Morgana. Dort gab
es auch eine von diesen neumodischen "Duschen", bei denen man von oben bis
unten mit Wasser berieselt wird, um sich zu reinigen. Naja, bei uns tut's
auch eine Schuessel mit Wasser, aber das muss jeder selbst wissen. Kurz und
gut, Fox begab sich nun zu selbiger Dusche und musste gleich nach dem Start
des Wasserfalles feststellen, dass dieser die Temperatur eines
Gebirgsbaches im Winter hat. Nachdem er mit kuehnem Sprung dem Kaeltetod
entronnen war, versuchte er mit allerlei Tricks, dem Wasserstrahl doch noch
eine angenehme Temperatur abzuringen. Doch alles war vergebens. Erst etwas
Hilfe von der holden Morgana verhalf ihm zu einem angenehmen Wasserbad.
So, genug geplaudert, es liegen noch viele Schreibarbeiten auf meinem Tisch
und der werte Alberich ist schon wieder uebellaunig, weil ich lieber an der
Chronik schreibe anstatt seine Rechnungen zu pruefen. Bis zur naechsten
Seite der Chronik von Tamar, Ihr Pergalb!
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