Seid gegruesst, edle Damen und Herren!
Während meiner Tätigkeit als Wirt der Tamarschen Zentraltaverne wurde ich
unfreiwillig Zeuge der wirklich verabscheuungswürdigen
Freizeitbeschäftigung einiger Herren. Diese hatten doch tatsächlich nichts
Besseres zu tun, als Wetten auf den derzeit herrschenden Krieg zwischen
Lady Brightblade und Lord Lucksi abzuschließen. Eifrig wurden da Quoten
diskutiert und in menschenverachtender Weise die Grausamkeit eines jeden
Krieges auf den Wert einiger Goldstücke reduziert.
Überraschend rief sich Bruder Coniglius, ein Mönch, welcher dem Glauben des
Kathekysmus angehört, selbst zum Papst aus. Der Papst ist anscheinend als
Oberhaupt der Kirche des Kathekhysmus zu sehen und er betrachtet sich als
eine Art Stellvertreter des Allvaters auf Erden. Wie in einem Schreiben in
der Halle der Aushänge verkündet wurde, soll Coniglius eine Erscheinung der
heiligen Guridh gehabt haben, welche ihn damit persönlich zum obersten
Würdenträger des Kathekhysmus erkoren habe.
Kürzlich wurde nun auch die Kaiserweihe des Armand Guother offiziell
vollzogen. Diese Feier stellte auch gleich die erste öffentliche
Amtshandlung des selbsternannten Papstes Coniglius dar. Ich habe mir
erlaubt als Gast dieser Weihe dem neuen Kaiser ein spezielles Geschenk zu
überreichen und zwar eine Schreibfeder. Ich hoffe, daß er sie weise
einsetzen wird und daß es ihm gelingt, die Völker Tamars so zu einen, wie
es den alten Überlieferungen zufolge vormals König Abanor vermochte.
Leider befürchte ich, daß Kaiser Guother ebenso wie dem ersten Kaiser der
neuen Zeitrechnung, Kaiser Skar, nur wenig Glück bei dieser schier unlösbar
erscheinenden Aufgabe beschieden sein wird. Zu groß scheinen mir die
Differenzen zwischen den verschiedenen Gruppen, Bündnissen und selbst
Glaubensrichtungen und zu zahlreich die immer wieder aufflammenden
Streitigkeiten.
In der letzten Zeit wurden die Verlobungen von Lord Feanor Curufinwe mit
Lady Rajana und von Vicomte Lipsius mit Lady Marinella bekanntgegeben.
Die Hochzeit zwischen Vicomte Lipsius und Lady Marinella wurde vom
Lehnsherren der Lady, Graf Taurik von Bärenanger, ausgerichtet. Es war
eine sehr schöne Feier, auf der insbesondere die Mutter des Bräutigams
durch einige sehr gelungene Gesangseinlagen zu gefallen wußte. Wie mir
zugetragen wurde, nahm die Feier zum späteren Abend jedoch einen unschönen
Verlauf, da sich zum einen einige der Gäste dem Alkohol im Übermaße
hingegeben hatten, was zu nicht gerade standesgemäßem Verhalten führte.
Zum Anderen wurde Lord Arnaut, welcher als Vasall des Lipsius der Hochzeit
senes Lehnsherren beiwohnte, die Nachricht überbracht, daß seine Frau tot
und sein Sohn verschwunden sei. Er machte sich sogleich auf den Weg, um
eine Suche in die Wege zu leiten. Vicomte Lipsius verließ kurz darauf
gleichfalls die Hochzeit, um seinem Vasallen in diesen schweren Stunden
beizustehen. Wie ich erfahren konnte, ist er inzwischen zurückgekehrt.
Arnaut, welcher die Suche nach seinem Sohn fortsetzen wollte, hat ihm die
Führung seiner Reichsgeschäfte anvertraut.
Vor wenigen Wochen erreichte mich ein Schreiben von Lady Rajana, in dem sie
mir von einem großartigen Plan berichtete. Rajana wünscht die Arbeit ihrer
Mutter, der unvergessenen Freiherrin Veridian, fortzusetzen. Diese hatte
vor langer Zeit damit begonnen, in Zusammenarbeit mit ihrem Hofkartographen
Kurvenal die Koordinaten und Namen aller bekannten Städte und Siedlungen
Tamars zusammenzutragen. Diese Arbeit wollte nun Lady Rajana nicht in
Vergessenheit geraten lassen und möchte sie deshalb fortsetzen. Da es manch
einem Herrscher jedoch nicht leicht fällt, den genauen Standort seiner
Städte einer fremden Regentin anzuvertrauen, bat mich Lady Rajana um Hilfe.
Ich habe ihr natürlich meine Hilfe zugesichert und so kann jedermann, der
seinen Namen nicht in Zusammenhang mit der Position der Städte genannt
haben möchte, seine Angaben auch an mich senden und ich werde sie dann
unter strikter Wahrung der Geheimhaltung weiterleiten.
Tamar, im Jahre 360