Seid gegruesst, edle Damen und Herren!
Der Guridh-Orden steht auch am Beginn dieses Chronikeintrages, aber diese
Nachricht hat auch für einige Bewegung in der Welt Tamars gesorgt. Armand
Guother ist zurückgekehrt. Es gab schon längere Zeit die Hoffnung, daß der
Erste des Guother-Stammes zurückkehren möge, waren doch viele mit dem
steilen Aufstieg des einstigen Knappen Kuno Killerkarpfen zum Herren über
das Guothersche Reich recht unzufrieden. Nun ist er also zurückgekehrt, um
einige Jahre älter und reifer, doch mitnichten gebrechlich. Ich konnte
Armand Guother auch schon in der Zentraltaverne begrüßen, und wenn er auch
um einige Falten und viele graue Haare reicher ist, so machte er doch den
Eindruck eines Mannes, der noch hohe Ziele zu erreichen gedenkt.
Leider war seine Rückkehr eine einsame Fahrt, ist doch seine Ehefrau, die
unvergessene Lady Veridian, kurz vor seiner Abreise verstorben. Aus Anlaß
ihres Todes wurde allerdings noch ein pikantes Detail aus dem Leben ihres
gemeinsamen Sohnes Tankred bekannt. Dieser hatte ja bekanntlich vor einiger
Zeit das Guothersche Reich verlassen, um Buße zu tun, nachdem er Schande
auf sich geladen hatte. Allerdings hatte seine Büßerzeit offensichtlich
auch ihre angenehmen Seiten, denn es stellte sich heraus, daß er in dieser
Zeit einen Sohn mit Namen Gawril gezeugt hatte, noch dazu mit einer Elfin.
Nichtsdestotrotz wurde der Tod von Lady Veridian allgemein sehr betrauert,
war sie doch vielen älteren Ladies und Lords trotz ihrer schon länger
zurückliegenden Regentschaft noch in angenehmer Erinnerung.
Armand Guother erklärte sich nach seiner Rückkehr zum Kaiser. Während
seiner Abwesenheit hatte Vicomte Kuno, welchen Titel er die ganze Zeit
offiziell führte, eine große Anzahl an Vasallen unter seine Lehnsherrschaft
gebracht. Da es auf Tamar immer noch üblich ist, daß sich der Titel eines
Herrschers hauptsächlich über die Zahl der Vasallen definiert, reichte das
offenbar aus, daß sich der zurückgekehrte Guother an die Spitze des Reiches
setzte und sich selbst zum neuen Kaiser ernannte. Damit wäre er der zweite
Kaiser der neuen Zeitrechnung nach Kaiser Skar. Jedoch bleibt abzuwarten,
ob sich die Dinge hierzulande ändern werden, war dies doch auch nach der
Bekanntgabe des Kaisertitels für Satai Skar nicht der Fall.
Zurückgekehrt sind auch noch einige andere bekannte Namen der früheren
Tamarschen Geschichte. So gründeten sowohl Nachfahren von Lord Brightblade,
als auch Lord Lucksi und Lord BlackAdder eigene Reiche. Schon kurz nach der
Reichsgründung hatten die Reiche von Lady Brightblade, der Nachfahrin von
Brightblade II., und dem Nachfahren von Lord Lucksi einen heftigen Streit
und zur Stunde deutet wohl alles auf einen neuerlichen Krieg hin, wobei
zumindest auf Seiten der Lady ein alter Groll gegen Lord Lucksi zu bestehen
scheint.
Ebenfalls in jüngster Zeit erreichte mich die Nachricht, daß Baronesse
Morgana tot ist. Die Baronesse regierte ihr Reich schon sehr lange Zeit und
recht erfolgreich. Leider ereilte sie nun ihr Schicksal in Gestalt des
rachsüchtigen Magiers Grutasch, welcher der eigentliche Grund war, warum
Lady Morgana in früherer Zeit aus ihrer angestammten Heimat fliehen mußte
und ihr Glück mit einem eigenen Reich auf Tamar versuchte. Dieser spürte
sie nun nach so vielen Jahren auf, und es gelang ihm schließlich durch üble
Ränkeschmiede und Intrigen, die Untertanen der Baronesse gegen diese
aufzubringen. Morgana mußte daraufhin aus ihrem Reich fliehen und war wohl
seitdem ständig auf der Flucht. Grutasch gelang es letztendlich, sie in
ihrem Versteck zu finden, und er tötete sie dort unter nicht näher in
Erfahrung zu bringenden Umständen.
Seit einiger Zeit gibt es auch wieder vermehrte Berichte über die Untoten.
Sowohl in der alten als auch in der neuen Welt wurden große Truppen der
Untoten und selbst die gefürchteten Untotenkönige gesichtet, welche in der
Lage sind, neue Horden zu erwecken. Dabei kam es noch zu einem Disput
zwischen den Herren Aquilar und Morphin. Der Letztere warf Lord Aquilar
vor, daß dieser seine Truppen unvorsichtig in Kämpfe gegen die Untoten
gesandt habe. Das hätte dazu geführt, daß diese Truppen gegen die Untoten
unterlagen und von diesen in ihren unseligen Dienst gezwungen wurden. Baron
Aquilar bestritt dieses jedoch energisch. Mir scheint, die Herren sollten
sich besser zusammentun und diesen dem Grabe entstiegenem Alptraum
gemeinsam Einhalt gebieten, anstatt sich in kleinlichen Streitereien zu
ergehen.
Vor einiger Zeit war ich zudem zu einer interessanten Feier geladen. Wie
ich im vorletzten Chronikeintrag berichtete, ist vor etlichen Jahren Lady
Ssringa verstorben, kurze Zeit, nachdem sie Graf Godefroy de Monmyrai
geheiratet hatte. Der Tod ereilte sie während der Geburt ihrer Tochter.
Angeblich war diese Tochter mit ihr zusammen gestorben und beide Leichname
kurz danach eingeäschert worden. Dann jedoch wurde ich davon unterríchtet,
daß jenes noch namenlose Kind mitnichten tot, sondern am Leben und bei
bester Gesundheit sei. Die Nachricht war von keinem Geringeren als Gawarr
von Troi verfaßt, welcher sich mit dem kleinen Mädchen auf eine lange Reise
begeben hatte. Schließlich fand er Unterschlupf bei Lord Skröggur. Nachdem
einige Jahre ins Land gezogen waren, machte er sich zusammen mit der Dame
Esja Epernay, welche ihm von Lord Skröggur zum Wohle des Kindes mitgegeben
wurde, auf den Weg, ein neues Glück zu finden und ein Reich aufzubauen,
welches eines Tages, wenn Ssringas Tochtwer zur Frau herangewachsen sei,
unter deren Regentschaft stehen sollte. Das Schicksal verschlug sie in die
unmittelbare Nachbarschaft von Graf Godefroy. Nach einigem Zögern
offenbarte Gwarr dem Grafen die ganze Geschichte, da selbst dieser in dem
festen Glauben war, daß seine Tochter zusammen mit seiner Gemahlin
dahingeschieden sei. Graf Godefroy jedoch wies das alles entrüstet von sich
und weigerte sich beharrlich, seine Tochter anzuerkennen.
Die besagte Feier stand kurz darauf statt und sollte dazu dienen, dem immer
noch namenlosen Mädchen endlich zu einem richtigen Namen zu verhelfen, war
es doch höchst unpassend, von ihr immer nur als "der Kleinen" zu sprechen.
Diese Feier fand in aller Stille am Ufer des Meeres statt. Ihr wohnten
neben Esja Epernay, dem Mädchen und Gawarr von Troi nur noch Lady
Marinella, Lord Skröggur und Lord Wulfgar bei, wobei die Letztgenannten als
Paten für das Kind fungierten. Schließlich erhielt das hübsche Mädchen den
wohlklingenden Namen Sunniva Corynn.
Leider war dem kleinen Reich, welches Esja und Gawarr im Namen von Sunniva
Corynn führten, nicht viel Glück beschieden. Gawarr von Troi glaubte sogar,
daß auf dem kleinen Land ein Fluch liegen würde. Schließlich gaben sie die
noch kleine Siedlung auf und machten sich erneut auf eine weite Reise, um
an anderer Stelle einen neuen Anfang zu wagen. Ich bin mir sicher, daß ich
nicht das letzte Mal etwas von der schnell erwachsen werdenden Sunniva
Corynn gehört habe.
Tamar, im Jahre 355