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Die Chronik von Tales of Tamar

Jahr 270

Seid gegruesst, edle Damen und Herren!

Kaum hatte sich der Sohn des schon in dieser Chronik erwähnten Lord ONeill, der gleichfalls schon beschriebene ONeillII. in der Taverne vorgestellt, schon mußte ich das Bild, daß ich mir von ihm gemacht hatte, wieder revidieren. Der Gute ist nämlich doch nicht ganz so ruhig und gesittet in seinen Manieren, wie es anfangs den Anschein hatte. Zwar hat er mehrfach auf seine Einzigartigkeit als erster bekannter Halbelf Tamars, mit einer Elfenmutter, hingewiesen, aber er scheint wohl doch eher die aufbrausende Art seines Vaters geerbt zu haben.

Neulich erschien Baron Jinx in der Taverne, seit seiner unfreiwilligen Abdankung ohne eigenes Reich, schon gab zwischen ihm und Herrn ONeillII. ein Wort das andere, und ehe ich einschreiten konnte, hatte letzterer ihm den Krieg erklärt, sollte er jemals wieder ein Reich sein eigen nennen. Bei solchem Verhalten kann es ja wohl bei der Erziehung ONeillII. mit dem Einfluß seiner aus den Dunkelwäldern Anoriens stammenden Mutter nicht allzuweit hergewesen sein, sind doch Elfen allgemein als eher ruhige und friedliche Wesen bekannt.

Beim Durchsehen der Anschläge in der Halle der allgemeinen Aushänge mußte ich besorgt feststellen, daß das Niveau der Schreiben doch stark gesunken ist. Während früher noch wortgewandte Schmähbriefe, humorige Anekdoten und selbst edles Versmaß den Ton bestimmten, haben nunmehr vermehrt billiges Imponiergehabe, Kriegserklärungen wegen jeder Nichtigkeit und eines Regenten nicht würdige Pamphlete die Oberhand gewonnen.

Da stellt ein gewisser Lord Torkan, der gerade erst ein kleines Reich übernommen hat, schon Ansprüche auf das umliegende Land. Da erklärt selbiger Torkan einem anderen Lord wegen einer einzigen nebensächlichen Bemerkung den Krieg, obwohl die Reiche beider Lords weit auseinanderliegen und nur durch Schiffe zu erreichen wären, wobei Lord Torkan noch gar keine Kenntnisse über Schiffbau und Seefahrt hat.

Baron Baltasar wiederrum, der schon früher durch aufdringliches Werben für sein Händlergewerbe auffiel, stellt selbstgefällig eine Auflistung seiner Lagerbestände zur Schau und macht sich dabei doch nur lächerlich mit seiner Selbstbeweihräucherung. Außerdem warb er öffentlich für Kreditvergaben durch sein Land, wo gerade das Kreditgeschäft von jeher hauptsächlich durch Diskretion und private Absprachen geprägt ist. Ich bin fast schon froh, das Alberich das nicht mehr mit ansehen muß, denn der wäre sicher wieder tagelang schimpfend durch seine Residenz gezogen und hätte seinen Unmut an diversen Einrichtungsgegenständen ausgelassen.

Der hier schon mehrfach erwähnte Lord Drake hat vor kurzem ein großes Turnier in seinem Lande angekündigt. Erst einmal ist es ja löblich, daß er es übernimmt, einen großen Wettstreit in der Tradition der Tamarschen Wettspiele abzuhalten, alleine die Erhebung eines Startgeldes stößt mancherorts auf Mißfallen. Zwar werden die Startgelder durch unabhängige Lords eingenommen und sie sollen auch als Preisgelder wieder ausgezahlt werden, aber frühere Wettstreite kamen ohne ein solches Prozedere aus, zumal dadurch erst einmal manchem jüngeren Lord die Teilnahme am Turnier verwehrt blieb, weil er das Startgeld nicht aufbringen konnte.

Zum Glück hat sich Baron Godefroy bereit erklärt, für einige Lords das Startgeld zu erbringen, damit diese sich im Wettstreit messen können. In früheren Zeiten fand sich bei solcher Gelegenheit doch stets jemand, der bereit war, einige stattliche Siegprämien zu stiften und es gibt doh wahrlich auch heutzutage genug Länder, die genug Gold im Säckel haben, um da auszuhelfen. Wenn sich auch sonst der leidige oberste Lehnsherr von Lord Drake, der schon vielmals angesprochene Vicomte Lucksi, nur allzugerne schützend vor jenen stellt und ihm seine Kriegszüge finanziert, so ist er doch nicht auf den Gedanken gekommen, hier einmal wahre Großzügigkeit zu beweisen.

In der Halle der Anschläge wird in letzter Zeit wieder verstärkt für verschiedene Religionen und Glaubensrichtungen geworben, und es werden dem interessierten Leser die jeweils zugehörigen Grundsätze erläutert. Ich werde diese Aushänge gründlich studieren und eventuell in einer der nächsten Chronikausgaben genauer auf einige dieser Glaubensrichtungen eingehen.

Tamar, im Jahre 270

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