Seid gegruesst, edle Damen und Herren!
Endlich finde ich die Zeit, den neuen Eintrag fuer die Chronik zu
schreiben. Bis vor kurzem war ich naemlich verreist, und zwar in das kleine
Oertchen Kranichsquell. Dort habe ich im Auftrag meines Dienstherren
Alberich das beruehmte Spiegelfest besucht. Dieses wird jedes Jahr in
Kranichsquell gefeiert. Der dortige Buergermeister Benbo Hahnentritt hatte
ein Schreiben an alle Herren und Damen auf Tamar versandt, in dem er zu
eben jenem Feste einlud.
Da Alberich mit dem Wiederaufbau unseres Reiches sehr beschaeftigt ist,
bekam ich die grosse Ehre, an seiner Stelle dorthin zu reisen. Ausserdem
bin ich als Chronist ja bestens geeignet, einen Bericht ueber die
Ereignisse in Kranichsquell zu schreiben.
Bevor ich zu der beschwerlichen Reise aufbrach, wurde ich nochmals zu
Alberich gerufen. Er trug mir auf, nach Leuten Ausschau zu halten, die aus
mit uns befreundeten Laendern stammen und diese herzlich von ihm zu
gruessen. Zum Schluss schickte er noch nach unserem Waffenmeister und liess
von ihm eine Kampfaxt bringen. Diese hatte er vor vielen Jahren mit eigener
Hand geschmiedet und er gab sie mir zu meinem Schutz mit auf den Weg. Ich
protestierte zwar erst, da ich im Umgang mit Waffen recht unerfahren bin,
aber er bestand darauf, dass ich wenigstens diese Axt mitnehme, denn man
koenne ja nie wissen. Wenn ich da nur gewusst haette, wie bald sich seine
Ahnung bestaetigen wuerde. Aber ich will den Ereignissen nicht vorgreifen.
Ich hatte fuer die Reise eine Vereinbarung mit einigen Handelsleuten
getroffen. Sie liessen mich auf ihren Fuhrwerken mitreisen und dafuer
unterhielt ich sie abends am Lagerfeuer mit einigen Geschichten. Bald
hatten wir unser Ziel erreicht. Waehrend die Handelsleute weiterzogen,
betrat ich das kleine Staedtchen Kranichsquell, welches idyllisch am Rand
eines groesseren Waldes gelegen ist mit wunderschoenen Haeusern und einem
vertraeumten See in unmittelbarer Naehe.
Kaum angekommen, machte ich mich auf den Weg zu einer ersten Tour durch die
Siedlung. Nach und nach trafen immer mehr Gaeste ein und ueberall standen
Menschen zusammen und lachten und unterhielten sich. Aber da waren nicht
nur Menschen, sondern ich konnte auch Zwerge, Elfen, Kender und Halblinge
entdecken; einige andere Geschoepfe hatte ich noch nie zuvor gesehen.
Am Abend begruesste uns der Buergermeister von Kranichsquell, Benbo
Hahnentritt, persoenlich zum Spiegelfest. Nach der Begruessung nutzte ich
die Gelegenheit, in die oertliche Taverne zu schauen, um vielleicht einige
interessante Gespraeche zu fuehren. Ich erinnerte mich auch an Alberich's
Auftrag, nach Menschen aus den Laendereien von Eternia Ausschau zu halten.
Schon am Nachmittag war ich auf Angor getroffen, einen betuchten Edelmann,
welcher aus Baerenanger, der Stadt Taurik's stammte. Dieser machte mich
auch mit Ranoka bekannt, einem Krieger im Dienste von Fox von Sion.
Ausserdem traf ich im Laufe des Abends noch auf Celevan, einen Heiler aus
dem Lande von Gallahd und auf Lance, einen Krieger aus Lancelot's Reich.
Bald sassen wir in der Taverne und es wurden allerlei Neuigkeiten
ausgetauscht.
Ich bestellte allen Gruesse von meinem Dienstherren und wir wollten uns
gerade wieder unseren Gespraechen zuwenden als ploetzlich die Glocke vor
der Taverne geschlagen wurde. Im Nu war der Platz vor der Taverne mit
Menschen gefuellt, auch ich eilte schnell nach draussen. Ploetzlich hoerte
ich ein Knurren und dann sah ich es: Auf dem Boden lag eine gefesselte
Gestalt, die auf den ersten Blick menschlich aussah. Als jedoch das Licht
einer Laterne auf das Wesen fiel, konnte ich eine haessliche schwarze
Fratze mit einem furchtbaren Gebiss und schwarzer Haut erkennen.
Der Dorfbuettel erklaerte, man habe diesen Drakh, so werden diese Bestien
wohl genannt, gefangengenommen, ausserdem wurde er beschuldigt, mit einigen
Kumpanen einen Bauern am Vortag angefallen und getoetet zu haben. Leider
konnten seine Spiessgesellen entkommen, nur ihn hatte man ergreifen
koennen. Die Drakhs waren vor vielen Jahren schon einmal in grosser Zahl
auf Tamar aufgetreten und es dauerte lange Zeit, ehe man sie besiegen
konnte. Nach so langer Zeit hatte sie es tatsaechlich gewagt, in die Naehe
dieser Siedlung zu kommen.
Immer mehr Stimmen forderten den Tod des Drakh. Der Buergermeister
besiegelte sein Schicksal nach einem kurzen Prozess, der aber eher eine
schwache Entschuldigung fuer den schon beschlossenen Tod des Wesens war.
Der Drakh war derweil an einen Pfahl gebunden. Waehrend der Buergermeister
noch sprach, riss er sich aber ploetzlich los und wollte ueber einen
Dorfbewohner herfallen. Er wurde jedoch schnell ueberwaeltigt. Dieser
verzweifelte Versuch, sich zu befreien, sorgte am Ende nur dafuer, dass
jedermann seinen sofortigen Tod forderte. Der Buergermeister konnte
ebenfalls nicht anders, als ihn zum Tod durch Enthaupten zu verurteilen und
der Dorfbuettel vollstreckte unmittelbar danach das Urteil mit einem
gezielten Schwerthieb.
Schon bald hatte man den unangenehmen Vorfall vergessen und alle gingen
wieder ihrer vorherigen Beschaeftigung nach. Keiner konnte ahnen, dass es
nicht der letzte Drakh gewesen war, den wir zu Gesicht bekommen sollten.
Dann trat ein Priester auf den Plan. Dieser erklaerte uns, dass zum
Spiegelfest auch ein Ritual gehoeren wuerde, welches angeblich eine Kreatur
der Dunkelheit, die in den Tiefen des Spiegelsees gebannt sei, an dieser
Stelle festhalten soll. Dieses Ritual wollte er noch am gleichen Abend
durchfuehren und er lud uns alle ein, daran teilzunehmen. Die meisten von
uns hielten das Ganze wohl eher fuer eine Veranstaltung zur Unterhaltung
der Gaeste als fuer ein ernsthaftes Ritual.
Schon nach kurzer Zeit hatten sich viele Gaeste und Dorfbewohner mit
Laternen und Fackeln ausgestattet und dann setzte sich ein langer Zug unter
Fuehrung des Priesters in Bewegung. Auch ich schloss mich der Zeremonie an.
Gerade, als wir das Dorf verlassen wollten, stellte sich uns ploetzlich ein
Mann in den Weg. Wuetend wetterte er gegen uns: "Ja, geht ihr nur zu eurem
Ritual. Ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt!" Es stellte sich
heraus, dass es sich um den alten Dorfpriester handelte, der wohl frueher
das Ritual durchgefuehrt hatte. Anscheinend hatte er jedoch Bedenken gegen
seinen Nachfolger, aber er machte auch einen etwas verwirrten Eindruck und
so schenkte man ihm kaum Beachtung.
Dann ging es endlich los. Der Priester fuehrte uns zuerst an eine
Feuerstelle, wo er einige Sprueche aufsagte und Lichter entzuendete. Er
erklaerte, dass es sich um Vorbereitungen fuer das Ritual handele. Dann
fuehrte er uns zum Spiegelsee. Der Weg war in der dunklen Nacht trotz der
mitgefuehrten Lichter recht beschwerlich, aber schliesslich erreichten wir
unser Ziel. Wir wurden aufgefordert, uns alle um den See herum zu
verteilen. Ich erreichte einen Punkt, der dem Standort des Priesters
ziemlich genau gegenueber lag. Ich konnte ihn nicht sehen, nur den
flackernden Schein der Fackeln und ich konnte seine Stimme hoeren. Er
sprach von Opfern, die er dem See uebergeben wuerde und dass damit das
Monster weitere Zeit im See festgehalten wuerde. Dann brach ploetzlich das
Unheil los. Irgendetwas Furchtbares geschah. Ich konnte einen Blitz sehen
und ich hoerte einen Knall, dann noch ein Blitz und dann dieses
entsetzliche Bruellen. Es schien direkt vom Grunde des Sees zu kommen. Alle
Leute um mich herum gerieten in Panik, mir ging es da nicht besser. Wir
rannten los, wollten nur noch zurueck ins Dorf. Immer wieder hoerte ich
Schreie und auch Kampfeslaerm.
Ich weiss kaum noch, wie ich wieder ins Dorf zurueckkam, aber irgendwie
musste ich es geschafft haben. Nach und nach trafen noch mehr veraengstigte
Menschen ein und ich hoerte von Daemonen, die ploetzlich am Seeufer
erschienen waren und auch von weiteren Drakhs und anderen widerlichen
Bestien. Sie waren unmittelbar nach dem offensichtlich gescheiterten Ritual
aufgetaucht und ueber die voellig ueberraschten Zuschauer hergefallen.
Einige Leute konnten ihnen nicht mehr entkommen und so hatte es 5 oder 6
Tote gegeben. Niemand wusste aber etwas Genaueres und auch der Priester
schien spurlos verschwunden zu sein.
Wir standen noch eine Weile ratlos und geschockt vor der Taverne zusammen.
Es war schon spaet, aber niemand konnte Ruhe finden, also gingen wir noch
auf den einen oder anderen Schluck zur Beruhigung ins Wirtshaus. Wir sassen
noch nicht lange beisammen, da stuermte ploetzlich ein Dorfbewohner herein
und schrie etwas von einem Angriff auf das Dorf. Einige beherzte Maenner
ergriffen ihre Waffen und rannten in die Nacht hinaus. Dieser Angriff war
nur eine Vorahnung dessen, was uns in dieser Nacht und am naechsten Tag
erwartete. Immer wieder wurde das Dorf angegriffen, mal waren es Drakhs,
mal riesige Daemonen mit furchterregenden Fratzen, die von niederen Wesen
begleitet wurden, die halb Fisch, halb Mensch zu sein schienen. Nirgendwo
konnte man ohne den Schutz von wackeren Kriegsmaennern hingehen.
Spaet in der Nacht sassen ich noch einmal mit einigen der Gaeste, die von
Eternia angereist waren in der Taverne beisammen. Wir tranken einige
Becher vom guten Met und sprachen dabei ueber die vorangegangenen
Angriffe, die schrecklichen Gestalten, das gescheiterte Ritual, aber auch
ueber unsere Heimatlaender. Da gesellte sich ein schon leicht angetrunkener
Dorfbewohner zu uns. Wir erfuhren, dass auch er aus einem anderen Land
stammt, naemlich aus dem Lande eines Herrn Ischtar, das zwar nicht auf
Eternia liegt, von dem ich aber auch schon gehoert hatte. Der Kerl war ein
rechter Aufschneider und der Alkohol hatte seine Zunge noch weiter
gelockert. Er prahlte, wie er alleine zwanzig Drakhs besiegt haette und das
ganz ohne Waffen. Ich konnte mich aber recht gut daran erinnern, dass er
bei einem der Angriffe in unmittelbarer Naehe der Taverne unter einem Tisch
Schutz gesucht hatte. Darauf angesprochen meinte er nur, er koenne die
Drakhs eben auch unter einem Tisch hockend mit Leichtigkeit besiegen. Trotz
der gedrueckten Stimmung mussten wir doch alle lauthals lachen, als er von
immer neuen Heldentaten erzaehlte, die er vollbracht haben wollte.
Spaeter legte ich mich zu einem unruhigen Schlaf nieder, aus dem ich
schweissgebadet erwachte. Staendig waren mir die Ereignisse im Traum wieder
erschienen.
Am anderen Morgen ging ich nach einem kleinen, hastig verspeisten,
Fruehstueck hinunter zur Taverne. Vielleicht konnte ich ja etwas Neues
erfahren. Andere Gaeste hatten augenscheinlich die gleiche Idee, denn
schnell fuellte sich der Vorplatz zur Taverne. Dann passierte das naechste
Unglaubliche. Es tauchten Menschen auf, die eigentlich tot sein muessten!
Andere hatten deutlich gesehen, wie sie in der vorangegangenen Nacht ein
Opfer der unheimlichen Angreifer wurden und jetzt spazierten sie
quicklebendig umher? Auch konnte sich keiner von denen an die Vorfaelle der
letzten Nacht erinnern, nein sie glaubten sogar, dass das Ritual noch gar
nicht stattgefunden haette. Sie waren der festen Ueberzeugung, dass sie
gerade erst in Kranichsquell angekommen seien und hatten nur unglaeubige
Gesichter fuer diejenigen uebrig, die ihnen von den furchtbaren Vorfaellen
der Nacht berichteten.
Lange Zeit wurden hitzige Diskussionen gefuehrt, aber am Ende gab es nur
eine Loesung fuer das Ganze, so unglaublich diese auch schien. Wir erlebten
den selben Tag zum zweiten Male. Vielleicht war es ein Wink des Schicksals,
vielleicht gab es noch eine zweite Chance fuer uns, vielleicht konnten wir
das Grauen noch aufhalten? Den ganzen Tag versuchten die angereisten Gaeste
zusammen mit den Bewohnern von Kranichsquell eine Loesung zu finden.
Da ich nicht ueberall zugegen war, werde ich versuchen, die Ereignisse des
Tages hier zusammenzufassen, teils aus den Berichten von Anderen, teils aus
selbst Erlebtem. Der junge Priester blieb vorerst verschwunden, dafuer
tauchte der alte Priester auf. Er war vollkommen verwirrt und hatte keine
Erinnerung an das Vergangene mehr. Erst einem in der Kunst des
Traenkebrauens erfahrenem Gast gelang es, seine Erinnerung mit einem
speziellen Trank wieder zu erwecken.
Derweil wurde Kranichsquell immer haeufiger von den Daemonen und ihren
Handlangern, sowie von Drakh-Gruppen angegriffen. Immer in vorderster Linie
dabei, die Angriffe abzuwehren und die Siedlung zu verteidigen, war Ranoka,
der seinem Namen als Krieger alle Ehre machte. Mehrmals im Laufe des Tages
mussten wir ihn verletzt vom Schlachtfeld bringen, aber kaum, dass ihn ein
medizinkundiger Heiler wieder notduerftig versorgt hatte, da stuerzte er
sich schon wieder in die Schlacht.
Es stellte sich nach und nach heraus, dass unsere einzige Moeglichkeit, den
drohenden Untergang von Kranichsquell abzuwenden, darin bestand, das Ritual
noch einmal korrekt durchzufuehren. Ploetzlich tauchte auch der junge
Priester noch einmal auf. Ehe man ihn jedoch festsetzen konnte, floh er
wieder und ward nicht mehr gesehen. Er hinterliess jedoch einen Brief, in
dem er die Vorkommnisse bedauerte. Er hatte das Ritual eigenmaechtig
entgegen den Ueberlieferungen geaendert, um es fuer die vielen Gaeste
attraktiver zu machen. Das jedoch hatte das Scheitern desselben zur Folge.
Der alte Priester erinnerte sich daran, dass in den Chroniken der Siedlung
auch beschrieben stand, wie dieses Ritual durchzufuehren ist. Leider waren
die Chroniken gestohlen worden, doch tauchten sie gluecklicherweise im
Laufe des Tages wieder auf.
Joshua, seines Zeichens Holzfaeller im Dienste Kranichsquells berichtete
davon, dass er auf seinen Streifzuegen durch die Waelder der Gegend ein
seltsames Ei entdeckt hatte, dass ein lebendes Wesen enthielt, dass
wahrscheinlich die Vorstufe eines dieser scheussligen Fischwesen war. Beim
Studium der wieder aufgetauchten Chroniken hatte man schon entdeckt, dass
das im Inneren des Eies enthaltene Wesen waehrend des Rituals geopfert
werden muss. Also war es tatsaechlich wichtig und deshalb machte sich eine
grosse Gruppe von tapferen Maennern auf, dieses Ding zu suchen und ins Dorf
zu bringen. Das Ei wurde jedoch von mehreren Daemonen und Monstern bewacht,
die nur unter Aufbietung aller Kraefte besiegt werden konnten.
Ganz nebenbei erfuhr ich uebrigens noch, dass der erwaehnte Joshua
ebenfalls urspruenglich von der Insel Eternia stammte. Er hatte frueher im
Reich von Wolfen gelebt, war aber schon vor vielen Jahren hierher gezogen
und lebte hier gluecklich. Die Frau an seiner Seite mit Namen Sarah war
doch tatsaechlich ebenfalls frueher auf Eternia beheimatet und zwar in
Solanar, dem Lande von Morgana. Aber ich schweife ab, also weiter im
Bericht:
Eine andere Sache, die auf den ersten Blick mit dem Ritual nichts zu tun
hatte, sollte noch fuer eine dramatische Wende der Ereignisse sorgen.
Schon beim ersten Betreten der Siedlung Kranichsquell war mir in einer Ecke
des Marktplatzes ein seltsamer grosser Stein aufgefallen, aus dem ein
Schwertgriff herausragte. Der Buergermeister Benbo Hahnentritt erklaerte
auf neugierige Nachfragen hin, dass dieses Schwert das seinige sei und er
damit einst einen sogenannten Ent besiegt hatte. Dieser Ent war ein
seltsames Baumwesen, das urspruenglich mit den Dorfbewohnern in Frieden
gelebt hatte, dann jedoch urploetzlich feindselig wurde und ueber sie
herfiel. Dem Buergermeister blieb wohl nichts anderes uebrig, als den Ent
zu toeten. Dieser verwandelte sich bei seinem Tod in Stein und schloss das
Schwert mit ein. Auf dem Stein erschien ein Raetselspruch und man ging
davon aus, dass nur der das Schwert aus dem Stein ziehen koenne, der das
Raetsel loese.
An diesem Tage nun versuchten sich immer wieder Abenteurer an der Loesung
des Raetsels, aber keiner hatte Erfolg. Dann jedoch, der Abend war schon
hereingebrochen, loeste ein wackerer Krieger das Raetsel und wollte das
Schwert aus dem Stein ziehen. Just in diesem Moment tauchten wie aus dem
Nichts mehrere furchteinfloessende Monster auf. Allen Umstehenden, unter
ihnen der Buergermeister, rutschte das Herz in die Hose. Fast schien ihr
Ende gekommen zu sein. Dann aber stuerzten sich die Daemonen ohne
Vorwarnung auf den Buergermeister und noch ehe ihm jemand zu Hilfe eilen
konnte, hatten sie ihn grausam umgebracht und waren so schnell, wie sie
gekommen waren, wieder im Dunkel der Nacht verschwunden.
Als wir uns ob dieser Entwicklung alle in der Taverne versammelten, trat
auch der alte Priester hinzu und erklaerte uns zweierlei: Zum Einen wuerde
er nun die Geschicke von Kranichsquell leiten und zum Anderen haetten wir
nur noch ganze drei Stunden Zeit, dass Ritual korrekt durchzufuehren, ehe
es endgueltig zu spaet waere. Einige des Lesens kundige Leute, unter ihnen
auch meine Wenigkeit, zogen sich in ein Haus zurueck und versuchten durch
das Studium der Chroniktexte zu ergruenden, wie das Ritual durchgefuehrt
werden musste.
Dabei stellte sich jedoch heraus, dass es gleich drei verschiedene
Beschreibungen fuer die Durchfuehrung des Rituals gab. Nach einigen
hitzigen Diskussionen beschlossen wir, den aeltesten Text als Vorbild zu
nehmen. Zum Glueck hatten wir fast alle noetigen Dinge fuer das Ritual
beisammen und nun fehlte uns nur noch jemand, der das selbige auch
durchfuehrte, da der alte Priester sich standhaft weigerte, diese Aufgabe
zu uebernehmen. Nach einiger Zeit erklaerte sich eine Frau, die wohl einige
Erfahrungen mit Ritualen und Magie hatte, bereit, die Fuehrung durch das
Ritual zu uebernehmen. Sie brauchte entsprechend der Ueberlieferung
insgesamt 15 Helfer, von denen 5 in den inneren Kreis gehoerten, der fuer
die Durchfuehrung am Wichtigsten war. Ich hatte mich bei all den Kaempfen
den ganzen Tag ueber stets zurueckgehalten, denn ich bin nur ein Schreiber,
unerfahren im Umgang mit einer Waffe und nicht besonders mutig. Als jedoch
Freiwillige gesucht wurden, die bei dem Ritual helfen wuerden, da meldete
auch ich mich, denn irgendwie hatte ich das Beduerfnis, auch etwas fuer die
Bewohner von Kranichsquell tun zu muessen. Auch wurde ich das Gefuehl nicht
los, dass es Angesichts all der grausamen Kreaturen da draussen in der
dunklen Nacht im Zentrum des Rituals am sichersten sein wuerde.
Die Zeit war langsam knapp, also packten wir alle fuer das Ritual
benoetigten Sachen zusammen und versammelten uns vor der Taverne. Da die
meisten der Auserwaehlten noch nie ein Ritual durchgefuehrt hatten,
erklaerte uns die Ritualmeisterin kurz unsere Aufgaben. Waehrenddessen
bereiteten sich in unserer Naehe alle kampffaehigen Dorfbewohner und Gaeste
darauf vor, uns gegen die sicherlich zu erwartenden Angriffe der dunklen
Kreaturen zu verteidigen, waehrend wir das Ritual durchfuehrten. Dann
machten wir uns auf den Weg.
Als Erstes gingen wir zu der gleichen Feuerstelle, die schon der junge
Priester fuer das erste Ritual genutzt hatte. Dort begannen wir unsere
Aufgabe. Die Ritualmeisterin zog einen Bannkreis um den Feuerplatz, der uns
vor den Daemonen beschuetzen sollte. Dabei sprach sie seltsam anmutende
Verse und die ebenfalls mitgekommenen Barden spielten unheimliche Melodien
auf ihren altertuemlichen Instrumenten. Dann stellten sich zehn Helfer
ausserhalb dieses Kreises auf, fuenf weitere, zu denen auch ich zaehlte, im
Inneren desselben.
Die Meisterin beschwor dann einen der vielen Goetter, uns bei unserem
Vorhaben zu unterstuetzen. Dabei mussten die Aussenstehenden seltsame
Zeichen in die Erde zeichnen. Dann bereitete sie einen magischen Trank vor,
der aus dem Blut des Fischwesens aus dem Ei, verschiedenen Kraeutern, den
Ueberresten eines von ihr verbrannten Siegels mit dem Namen des Wesens aus
dem Spiegelsee und Wasser aus ebendiesem See bestand.
Waehrend der ganzen Zeit, in der wir konzentriert den Ablauf des Rituals
verfolgten, tobte von uns kaum bemerkt ein erbitterter Kampf gegen die
Daemonen und Monster, die aufmarschiert waren, um uns an der Durchfuehrung
des Rituales zu hindern. Wir im inneren Kreis waren zu unserem Glueck durch
den Bannkreis geschuetzt.
Als Naechstes wurde noch eine magische Kerze entzuendet und diese mussten
wir nun noch zum See bringen. Unverzueglich brachen wir auf. Unser Weg
wurde nur spaerlich von einigen wenigen Lichtern erhellt. Seltsamerweise
wurden wir auch jetzt, nach dem Verlassen des Kreises nicht angegriffen.
Das Licht der magischen Kerze schien seine schuetzende Hand ueber uns zu
halten. Unbehelligt erreichten wir das Seeufer. Hier folgte nun der letzte
Teil des Rituales: Die Ritualmeisterin goss den vorher bereiteten Trank
ueber die magische Kerze und loeschte damit gleichzeitig deren Licht.
Ploetzlich war es still, beinahe zu still. Dann hoerten wir ein
entsetzliches Bruellen aus den Tiefen des Sees. Die Bestie sprach mit
donnergrollender Stimme zu uns. Wir sollten nicht glauben, wir haetten sie
damit fuer lange Zeit aufgehalten, diese Auseinandersetzung sei noch nicht
zu Ende. Dann aber wurde die Stimme leiser und etwas geradezu Unglaubliches
geschah: Der See bildete in kuerzester Zeit eine Schicht aus Eis, aber
nicht aus gewoehnlichem Eis, sondern es war heiss!
Dieses Eis aber schien das Monster in der Tiefe zu bannen. Wir hatten es
tatsaechlich geschafft, die Gefahr war gebannt, zumindest fuer die naechste
Zeit. Da das Ritual frueher immer einmal im Jahr durchgefuehrt wurde, ist
anzunehmen, dass Kranichsquell nun wenigstens fuer ein Jahr in Sicherheit
ist.
Wir konnten es immer noch nicht fassen, es war wirklich geschafft. Auch war
kein Kampfeslaerm mehr zu hoeren. Irgendwie gelangten wir ins Dorf zurueck
und dort trafen sich dann alle an der Taverne. Wir erfuhren, dass in dem
Moment, in dem sich der See geschlossen hatte, auch alle Angriffe durch die
Daemonen und die Drakhs aufgehoert hatten. Allmaehlich loeste sich die
Anspannung und wir gingen in die Taverne. Dort tranken wir auf unseren
Erfolg. Langsam stellte sich auch wieder gute Stimmung ein und bald hoerte
man von ueberall her Stimmengewirr und frohes Lachen. Auch unser spezieller
Freund mit dem grossen Mut und der ueberragenden Kampfkraft erheiterte uns
mit seinen Geschichten, wie er wieder reihenweise Drakhs getoetet hatte und
das auch noch mit der blossen Hand.
Aber wir hatten uns zu frueh gefreut! In einem letzten Aufbaeumen der
boesen Maechte stuermten ploetzlich einige Drakhs ueber den Marktplatz und
versuchten, in die Taverne einzudringen. Noch einmal griffen die wackeren
Recken zu ihren Waffen und kaempften mit aller Macht gegen die unheilvollen
Wesen. Diesmal hatte ich allerdings nicht das Glueck, mich aus allem
heraushalten zu koennen. Einer der Drakhs konnte mich verletzen, ehe ihn
einige Schwerthiebe eines Kriegers niederstreckten. Kaum noch bei
Bewusstsein blieb ich an einer Wand liegen. Der Kampf war zum Glueck
schnell vorueber und endlich konnten sich die Heiler um die zahlreichen
Verletzten kuemmern. Auch ich wurde von einem Heiler, der dem Zwergenvolk
angehoerte, sehr kunstgerecht versorgt. Diesem Manne verdanke ich wohl,
dass ich diesen Bericht ueberhaupt noch niederschreiben kann.
Am anderen Morgen machten sich die meisten Gaeste dann auf den Heimweg, um
von den Vorkommnissen in ihrer Heimat zu berichten. Sie wurden von den
Dankesworten und guten Wuenschen der Dorfbewohner begleitet. Auch ich
machte mich nun auf den Heimweg. Zum Glueck konnte ich einen Handelstross
finden, der in Richtung auf die Erzlande zog. Ich durfte auf einem der
Karren liegen, so dass ich meine immer noch schmerzenden Glieder etwas
ausruhen konnte.
Einige Tage spaeter war ich dann endlich wieder zu Hause. Sofort musste ich
Alberich einen umfassenden Bericht abgeben. Dann aber gewaehrte er mir
einige Tage der Erholung, in denen Kilian sich um alle anfallenden Arbeiten
kuemmerte. Dieser hatte mich nach Auskunft Alberich's auch waehrend meiner
Abwesenheit hervorragend vertreten. Mir scheint, der Junge wird einmal ein
wuerdiger Nachfolger fuer mich. Lange wird er wohl nicht mehr warten
muessen, denn ich bin wirklich nicht mehr der Juengste und die
Verletzungen, die ich in Kranichsquell davongetragen habe, sind meiner
ohnehin angeschlagenen Gesundheit nicht gerade zutraeglich gewesen.