Seid gegruesst, edle Damen und Herren!
Vielleicht erfuellt sich nun doch meine Hoffnung auf Frieden. Aber lasst
mich die Ereignisse der letzten Zeit der Reihe nach berichten.
Alles begann damit, dass mitten in einer Phase gegenseitiger
Gebietseroberungen zwischen den Truppen Siegfrieds und den Unsrigen,
ploetzlich ein neuer Kriegsherr auf den Plan trat. Dieser, mit dem Namen
Stoker, erklaerte, er wuerde waehrend einer laengeren Abwesenheit
Siegfrieds dessen Reich fuehren. Gleichzeitig drohte er damit, den Krieg
noch grausamer zu fuehren als Siegfried selbst. Schon bald zogen die
feindlichen Armeen wieder in Richtung auf die Kupferzinnen, die den
westlichen Rand des grossen Suedgebirges in unserem Reich bilden. Dort
befinden sich zahlreiche Erzminen, die uns schon lange mit den dringend
benoetigten Rohstoffen fuer unsere Waffenschmieden versorgen. Da auch
unsere Feinde um diese Rohstoffe wissen und sie gleichermassen begehren,
waren die Kupferzinnen zu jeder Zeit des Krieges ein bevorzugtes
Angriffsziel.
Dann jedoch geschah etwas Unerwartetes. Die Truppen Siegfrieds blieben
einfach stehen und zeigten keinerlei Aktivitaet mehr. Sie griffen nicht
mehr an und sie eroberten auch keine weiteren Gebiete mehr. Anscheinend
waren sie nicht gewillt, den Befehlen Stokers Folge zu leisten. Selbst fuer
sie schien die vollkommen uebertriebene Grausamkeit dieses Despoten zu viel
zu sein. Alberich erkannte seine Chance und schickte unsere Truppen aus. Es
gelang uns, all unsere Gebiete zurueckzuerobern. Doch Alberich war zu
erbost ueber das skrupellose Vorgehen von Siegfrieds Stellvertreter, als
dass er es haette dabei bewenden lassen. Er gab unseren Maennern den Befehl
auf Siegfrieds Gebiet vorzuruecken und dessen Laendereien einzunehmen.
Bald danach mischte sich Wolfen ins Geschehen ein. Im Bestreben, seinem
immer noch abwesenden Buendnispartner Siegfried beizustehen, rueckte er mit
mehreren grossen Armeen vor und vertrieb die Unsrigen aus dem Westen von
Siegfrieds Reich. Dann kehrte auch Siegfried von seinen Auslandsgeschaeften
zurueck und nahm die Geschicke seines Landes wieder in seine eigenen
Haende.
In einem letzten Versuch, ein erneutes Aufflammen des Kriegsfeuers zu
verhindern, schickte Alberich Boten mit geheimen Briefen an Wolfen und
Siegfried. Diese beinhalteten das Angebot fuer einen Waffenstillstand unter
der Wiederherstellung der alten Grenze zwischen unseren Reichen. Zur Zeit
laufen zwar noch Verhandlungen ueber diese Waffenruhe, aber zum ersten Mal
seit vielen Jahren scheint ein Frieden in greifbarer Naehe zu sein.
Gelegentlich erreichen uns auch Nachrichten von den anderen bewohnten
Inseln in unserer Naehe. Waehrend bei uns endlich ernsthaft ueber den
Frieden verhandelt wird, scheinen sich auf einigen Nachbarinseln unter den
neuen Herren einige Streitigkeiten abzuzeichnen. Es hat wohl auch schon
mehrere Kaempfe und kleinere Kriege gegeben.
Ich kann nur alle neuen Herren auf Tamar warnen. Ein Krieg ist eine
furchtbare Sache und meiner Meinung nach rechtfertigt kein Streit den Tod
von hunderten oder sogar tausenden Maennern, Frauen und Kindern. Wann immer
es noch Hoffung gibt, sich mit Verhandlungen zu einigen, sollte diese
Chance genutzt werden. Wir haben erfahren muessen, wie zermuerbend die
Jahre des Krieges sind.
Etwas anderes Unerwartetes ist noch passiert: Im letzten Winter gab es auf
ganz Eternia, wie unsere Insel nun im Allgemeinen genannt wird, das erste
Mal einen richtigen Winter! Nun ja, auch bisher gab es natuerlich stets
einen Winter, aber meist blieb es bei etwas kaelteren Temperaturen und
einem gelegentlichen Schneegestoeber. Stets jedoch konnte sich der gerade
gefallene Schnee nicht lange halten und es schneite auch nur an einigen
Stellen der Insel. Doch in diesem Winter war alles anders. Die
Temperaturen waren schon laengere Zeit stark gefallen, die meisten
Gewaesser tief zugefroren und dann begann es zu schneien und im Nu war die
ganze Landschaft mit einem eisigen Tuch bedeckt. Diesmal aber blieb der
Schnee liegen und es wurde immer mehr. Welch ein wunderschoener Anblick.
Ich machte mich auf den Weg zu den Kupferzinnen und bestieg einen der
kleineren Berge. Von dort hatte ich einen atemberaubenden Blick. Soweit das
Auge reichte war alles mit der weissen Pracht bedeckt.
Erst im spaeten Fruehjar taute es langsam und der Schnee verschwand wieder,
bis auf einzelne Reste auf den hoechsten Bergen Eternias.