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Die Chronik von Tales of Tamar

Jahr 540
Seid gegruesst, edle Damen und Herren!

Zuallererst muß ich mich in diesem Chronikeintrag entschuldigen, habe ich doch im letzten Eintrag die Namen zweier Personen unvollständig wiedergegeben. Solche Fehler sollten einem Chronisten nicht passieren, aber ich werde eben auch nicht jünger und gute Hilfskräfte, denen soetwas bei einer Korrekturlesung oder beim Kopieren der Seiten auffallen würde, sind schwer zu finden.

Erneut wurde mir zugetragen, daß sich Seltsames ereignete, als der Magistrat Dathon auf El-Adrel ein Schreiben in der Halle der Aushänge anbrachte. Ein dort beschäftigter Bediensteter beobachtete, wie er vor dem Anbringen des Schreibens etwas im Text änderte. Kurz nach seinem Verschwinden tauchte die von mir schon im letzten Chronikeintrag erwähnte Gestalt wieder auf. Sie reagierte sehr aufgebracht über die Änderung. Leider konnte die rätselhafte Person auch diesmal wieder unerkannt die Halle verlassen.

Besagter Magistrat hängte ebenfalls ein Schreiben aus, welches den Bericht eines Matrosen aus der Flotte des Lord Darmok auf Tanagra enthielt. In diesem Bericht wird vom scheinbaren Ende der Expedition des besagten Lords nach Anorien berichtet. Offenbar hatte wohl ein Verräter unter den Seemännern die "Seegold", das nach dem vorherigen Untergang des Schiffes "Wellenflug" in einem Sturm einzig verbliebene Schiff der kleinen Flotte, in Brand gesetzt. Obwohl der Verräter bei seiner anschließenden Flucht von den zurückgebliebenen Matrosen getötet werden konnte, war das Schicksal der "Seegold" besiegelt und brennend versank sie in den Tiefen des Meeres. Dem Bericht des Matrosen nach gibt es wohl kaum Hoffnung, daß Lord Darmok auf Tanagra dieses Unglück überlebt hat, bezeichnet sich der Schreiber doch als einzigen Überlebenden des Unglücks. Laut eines Schreibens des Magistrats Dathon auf El-Adrel hat keines der Schiffe aus der Flotte des Darmok auf Tanagra die Küsten Anoriens erreichen können und das hinter der Flotte fahrende Kriegsschiff "Donnerschlag" konnte bis auf einige im Meer treibende Überreste nichts von der ürsprünglichen Expedition entdecken. Dathon auf El-Adrel gab ebenfalls bekannt, daß die Führung des Reiches, das er bis dahin nur im Auftrag seines Regenten verwaltete, nunmehr vollständig in seine Hände übergehe.

Aus dem Reich der Lady Beliana kam eine wirklich gute Nachricht. Schon viele Jahre kämpft sie auf dem Kontinent Elerion gegen die Untoten, namentlich auf einem Landstrich, der als Yggdrasil bekannt ist. Schon früher berichtete ich von ihrem Bestreben, der dort ansässigen Lady Cleopatra ein ruhiges Leben zu ermöglichen. Die Heimatstadt der genannten Lady Cleopatra war von Untoten überrannt worden und nur aufgrund der Hilfe der Lady Beliana war es möglich, daß ihr Volk in einer anderen Siedlung Unterschlupf fand. Nun hat es Lady Beliana endlich geschafft, einen großen Teil dieses Landstriches von Untoten zu befreien und Lady Cleopatra konnte ihre angestammten Ländereien wieder in Besitz nehmen.

Vor einiger Zeit wurde der Hilferuf des Lord Carolos laut, welcher ein kleines Reich in Nachbarschaft des Lord Löwenherz gegründet hatte. Jedoch wurde schon kurz nach der Reichsgründung ein kleiner Teil seines Landes von Löwenherzschen Truppen besetzt. Eine solche Überschneidung der Ereignisse hat es auch in früheren Zeiten schon gegeben, wenn ein Lord ein neues Reich auf vormals unbesetzten Land gründet, welches gleichzeitig von einem anderen Reich in Besitz genommen werden soll. Meist ließen sich solche Mißverständnisse in kürzester Zeit klären, nicht jedoch in diesem Falle. Lord Löwenherz war der Meinung, daß der Tonfall des Lord Carolos nicht passend sei und kurze Zeit darauf erklärte er ihm kurzerhand den Krieg. Schließlich erklärte er auch noch einem gewissen Lord Thost den Krieg, welcher sich auf die Seite des Carolos gestellt hatte.

In den folgenden Jahren überschlugen sich die Ereignisse in diesem Konflikt förmlich. Zuerst wurde eine Verlautbarung ausgehängt, daß sich Lord Löwenherz einer schwierigen Operation unterziehen müsse und ein gewisser Wittstock, seines Zeichens Reichskanzler, die Verwaltung seines Reiches übernehmen würde. Dann wurde bekannt, daß Lord Thost von Tasar verstorben sei und an seiner Stelle ein Herr Adalbert von Traunstein die Regentschaft des Reiches Tasar übernehme. Dieser bot unmittelbar darauf dem Reich des Löwenherz die Kapitulation an, jedoch kämpften die Löwenherzschen Truppen unbeirrt weiter. Das zog viele Proteste nach sich, welche von Reichskanzler Wittstock jedoch nicht weiter beachtet wurden.

Auch von dem Piraten Helger gibt es neue Nachricht. Erst erhob er eine Steuer auf die Durchfahrt fremder Schiffe über eine bestimmte Linie, welche sich westlich der sogenannten Wettersteine im Süden Elerions befindet. Er verlangte pro Schiff die Summe von 1 Million Goldstücken und außerdem erdreistete er sich tatsächlich, verschiedenen Herrschern Aufforderungen zur Zahlung jener Summe zu senden, obwohl sie gar keine Schiffe in der fraglichen Gegend hatten. Dann aber machte er mit einem neuerlichen Verbrechen auf sich aufmerksam. Er besetzte eine Stadt der Lady Maidheike und forderte die abenteuerliche Summe von 200 Millionen Goldstücken von ihr, oder er würde die Stadt niederbrennen lassen.

Nachdem ich im letzten Chronikeintrag darüber berichtete, daß Lady Corinne die Regentschaft über ihr Reich niedergelegt hatte, gab es nun Neuigkeiten von ihr. Nachdem ihre Kinder das Reich in den letzten Jahren verwaltet haben, hatte sich Lady Corinne unter anderem in das Reich Narum der werten Lady Elenora Dannen begeben, um dort in Ruhe über den Tod ihres Gemahls, Lord Joe, hinwegzukommen. Schließlich aber fand sie es an der Zeit, ihren angestammten Platz wieder einzunehmen und so kehrte sie in den Regierungssitz zurück und übernahm wieder die Reichsgeschäfte, nicht jedoch ohne ihren Kindern für die hervorragende Arbeit bei der Verwaltung des Reiches zu danken. Allgemein wurde diese Nachricht mit großer Freude aufgenommen.

Zuguterletzt muß nun noch das unrühmliche Ende eines großen Reiches verkündet werden. In einem Aushang in den Hallen gab Herr Eberhard von Stetten bekannt, daß seine Verwaltungstätigkeit im Dienste des Guotherreiches nun endgültig beendet sei. Das Volk habe die Ländereien schon vor Jahrzehnten mit unbekanntem Ziel verlassen. Kurze Zeit darauf wurde es Gewißheit. Die letzten Grenzmarkierungen des Guotherreiches verschwanden und ein Reich, daß viele Veränderungen auf Tamar gebracht hat und auf dessen Thron für lange Jahre ein Kaiser regierte, ist für immer Geschichte. Kein glorreicher Nachruf, kein Zeichen des Bedauerns war in den Hallen zu lesen und so geht ein weiteres Mal ein einstmals bedeutendes Reich sang- und klanglos dahin, um bald vom Staub der Geschichte bedeckt zu sein.

Tamar, im Jahre 540

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